Originalhörspiel
Autor/Autorin:
Oswald Egger
Vom Drehen und Wenden der Blätter
Regie: Iris Drögekamp
Weitere Mitwirkende
Sprecher/Sprecherin Judith Engel
Zu seiner Radioarbeit für eine Schauspielerin notiert
Oswald Egger:
»Vom Welken, Verdorren und Wiederstraffwerden der
Blätter erzählt eine einzige Stimme: Ereignishafte, doch
eigenlose Begebenheiten, wie leere Träume, die unter
dem Baumlaub nisten als flüchtiger Windgott. Hallige
Zwischenfälle, ein ganzer Archipel von unverstummten
Zeitinseln, die auftauchen, erscheinen und verschwinden,
raue Schären in einem Meer von Geschichten. Die
Rede ist eine vielgestaltig verschossen geflochtene,
unauflöslich wortknotige Schnur als Knotenlinie von
Vernotungen – in einem Monolog von leblos lebendigen
Vorkommnissen davon.
Wie ein Echo, das seine Silben wiederholt und, auf
Lücke gesetzt, pausenlos verschränkt und selbstlaut verschluckt,
stimmhaft. Unentwegt kommt dabei zur Sprache,
was nicht gesagt ist, was als Inversion der Stille jetzt hörbar
wird, wortwörtlich: Das Blatt hat sich gewendet, man
sagt, es ist Herbst geworden, die rastende, gesättigte Zeit
ohne Zeit, oft schotenförmig eingerollt, verbräunt, gilb
und falb, bis alle Häufungen und Annahmen zueinander
ausgesprochen anklingend und stimmig sind: als Laub
voll Trauer, ohne Ort und Jahr, und wie die Erinnerung
der Blätter an den Baum.«
Weitere Informationen
Oswald Egger, geboren 1963 in Südtirol, lebt als vielfach
ausgezeichneter experimenteller Lyriker
in Hombroich bei Neuss und in Wien. Seit
2011 ist er Inhaber der Professur »Sprache
und Gestalt« an der Muthesius Kunsthochschule
Kiel. Gelegentlich schreibt er
Hörstücke für den SWR, u. a. 2010 »Ohne
Ort und Jahr« und 2013 »Linz und Lunz«.


Produktions- und Sendedaten
- Südwestrundfunk 2016
- Erstsendung: 27.10.2016 | SWR2 | 22:03 Uhr | 41'57