Originalhörspiel
Autor/Autorin:
Nikolai Vogel
Nach der Grenze
Redaktion: Katarina Agathos
Technische Realisierung: Marcus Huber, Daniela Röder
Regieassistenz: Stefanie Ramb
Realisation: Nikolai Vogel
Weitere Mitwirkende
Mitwirkende (Funktion unsicher) Nikolai Vogel Peter Veit
Grenzgänge in Zeiten ohne Grenze: Nikolai Vogel erstellt "Grenzaufnahmen". Zusammen mit der Malerin Silke Markefka suchte er zwischen Juli 2008 und Juli 2009 ehemalige Grenzposten zwischen Deutschland und seinen neun Nachbarländern auf. Zwanzig Jahre nach dem Schengener Abkommen, in dem mehrere europäische Staaten die Aufgabe der Grenzkontrolle beschlossen haben, erforscht Vogel Stimmung, Atmosphäre und persönliche Wahrnehmung dieser Orte. Der Grenzverkehr, die Grenzkontrolle, der Grenzübergang sind prägende Eindrücke unserer Kindheit. Jenseits der Grenzen begann das andere Land, der Urlaub, oft eine andere Sprache und andere Währung. Was sind sie heute? Lebendige Orte, Orte des Nirgendwo, verlassene Plätze, Niemandsland? Sie verschwinden nach und nach, werden zurückgebaut oder verwahrlosen einfach, werden Ruinen. Überkommene Symbole für den Territorialstaat. Gebäude, die eine ganz eigene Architektur entwickelt hatten und heute keine Funktion mehr haben, sondern als Relikte aus einer anderen Zeit in der Landschaft stehen. "Gibt es noch ein Grenzgefühl? Ein Niemandslandgefühl? Ein Irgendwohin-nur-nicht-hierbleiben-Gefühl? Ein Gefühl, das unscharf ist. Eine Unschärfe. Die Grenze als ein Nirgendwo. Irgendwo. Ein unwirklicher Ort. Ein Verkehrsfluss. Eine Umnutzung. Oder ein Abriss. Eine Gedenkstätte. Ein Museum. Verlorene Orte. Also Geschichte. An der Grenze hält man sich nicht auf. Man passiert sie." (Nikolai Vogel) Vogel hat mit verschiedensten analogen Aufzeichnungsgeräten, die er an den Grenzübergängen abgelegt hat, die Grenzsituation akustisch festgehalten und seine Eindrücke in einem assoziativen Text beschrieben. Die dafür benutzten Bandmaschinen, Tonbandgeräte, Diktiergeräte und Kassettenrekorder stammen ebenfalls aus einer verschwindenden Epoche. Wie die Grenzen haben auch diese Aufzeichnungsgeräte die Zeit ihrer staatstragenden und amtlichen Bedeutung hinter sich. Etwa eine Revox Super Low Speed, die speziell für Überwachungszwecke entwickelt wurde. Der Aufbau eines Tonbandgeräts und eines Mikrofons an der Grenze erinnert an die Situation eines Verhörs, evoziert Gedanken an Abhöraktionen. In seinem assoziativen Soundtrack, einer Mischung aus Protokoll, Reportage, impressionistischer Momentaufnahnahme und poetischer Wirklichkeitserfassung liefert der Autor lokale Zustandsbeschreibungen, Einblicke in Lebensweisen, persönliche Erfahrungen und erfährt die Grenze als Ort von Geschichte und Geschichten.
Weitere Informationen
Nikolai Vogel, geboren 1971 in München, ist Autor und Künstler. Er hat Neuere Deutsche Literatur, Philosophie und Informatik studiert, ist Mitbegründer des Black Ink Verlags und hat 2005 am Ingeborg-Bachmann-Preis teilegenommen. Ebenfalls 2005 war er Stipendiat der Autorenwerkstatt im Literarischen Colloquium Berlin. 2007 erhielt er den Bayrischen Kunstförderpreis sowie 2008 ein Projektstipendium für Bildende Kunst der Landeshauptstadt München.

Produktions- und Sendedaten
- Bayerischer Rundfunk 2010
- Erstsendung: 11.02.2011 | 49'26